Mobbing: wenn der Chef durch die eigenen Mitarbeiter gemobbt wird

Kategorie: Beitrag

Hohe Fehlzeiten durch Mobbing, Bossing und Staffing

Führungskräfte sind in den Unternehmen strukturell benachteiligt. Vielfach werden sie der Unternehmensleitung zugerechnet und sind deshalb nicht Adressat von Unterstützung durch den Betriebsrat oder Personalrat. Das wird unter anderem dann schmerzhaft deutlich, wenn es Führungskräfte sind, die von ihren eigenen und ihnen unterstellten Mitarbeitern gemobbt werden, dem sogenannten Staffing.

Von Mobbing spricht man, wenn ein Mitarbeiter bzw. mehrere Beschäftigte einen in der Hierarchie gleichgestellten Kollegen wiederholt, längerfristig, regelmäßig und systematisch schikanieren und/oder verbal übergriffig werden. Zielsetzung der Mobber ist es meist, Menschen massiv zu schädigen und zu veranlassen, das Unternehmen zu verlassen.

Bossing ist das Mobben eines Mitarbeiters durch den Chef. Verbindendes Merkmal aller drei Formen ist, dass das Opfer das Vorgehen der Täter schwer nachweisen kann, das Vorgehen wiederholt und regelmäßig erfolgt.

Ursachen des Mobbings gegen Führungskräfte

Es gibt eine Vielzahl von Faktoren, die dazu führen können, dass Mitarbeiter ihre Vorgesetzten mobben. Eine Benennung möglicher Ursachen ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der Toleranz von Mobbinghandlungen. Sie sind jedoch der Reflexion des eigenen Führungsverhaltens dienlich.

Unklare Erwartungen: Wenn die Erwartungen des Arbeitgebers an die Arbeit der Mitarbeiter unklar sind oder wenn es Unklarheiten darüber gibt, welche Aufgaben und Verantwortlichkeiten dem Vorgesetzten zukommen, kann dies zu Spannungen zwischen Mitarbeitern und Vorgesetzten führen.

Autoritäre Führung: Ein autoritärer Führungsstil kann dazu führen, dass Mitarbeiter das Gefühl haben, dass sie nicht gehört oder respektiert werden. Dies kann dazu führen, dass Mitarbeiter ihren Vorgesetzten gegenüber feindselig oder aggressiv sind. Neue Führungskräfte oder Nachwuchsführungskräfte neigen manchmal dazu, ihre Unsicherheit hinter einem autoritären Führungsstil zu verstecken.

Mangelnde Unterstützung: Wenn Vorgesetzte ihren Mitarbeitern nicht genügend Unterstützung bieten oder wenn sie sich nicht um ihre Mitarbeiter kümmern, kann dies zu einem Gefühl der Entfremdung führen. Dies kann dazu führen, dass Mitarbeiter ihren Vorgesetzten gegenüber feindselig oder aggressiv sind.

Konkurrenz und Rivalität: In einigen Arbeitsumgebungen kann es zu einem hohen Maß an Wettbewerb und Konkurrenz kommen, was dazu führen kann, dass Mitarbeiter ihre Vorgesetzten als Hindernisse für ihre Karriere betrachten. Dies kann zu Mobbing-Verhaltensweisen führen, bei denen Mitarbeiter ihren Vorgesetzten schaden wollen, um ihre eigenen Karrierechancen zu verbessern.

Persönliche Konflikte: In einigen Fällen kann es zu persönlichen Konflikten zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern kommen, die dazu führen, dass Mitarbeiter ihren Vorgesetzten mobben. Diese Konflikte können auf ungelöste Streitigkeiten zurückzuführen sein, die aus früheren Zusammenarbeiten oder aus persönlichen Meinungsverschiedenheiten entstanden sind.

Führungskräfte, die gemobbt werden, führen einen einsamen Kampf

Neben fehlenden unterstützenden Strukturen für Führungskräfte in Unternehmen kommt hinzu, dass Führungskräfte vielfach verschweigen, wenn sie gemobbt werden. Sie befürchten, als führungsschwach wahrgenommen zu werden. Stillschweigend wird unterstellt, dass es die vorrangige Aufgabe und Fähigkeit von Vorgesetzten ist zu Führen und nicht Getriebener der eigenen, ihnen unterstellten, mobbenden Mitarbeiter zu sein.

29% der Beschäftigten geben an, am Arbeitsplatz schon mal gemobbt worden zu sein

Eine Umfrage von Statista in Zusammenarbeit mit YouGov ergab, dass 29 Prozent der Deutschen angeben, bereits am Arbeitsplatz gemobbt worden zu sein. 17 Prozent der Befragten haben Mobbing bei Kollegen oder Vorgesetzten beobachtet und vier Prozent gaben zu, selbst Kollegen oder Vorgesetzte gemobbt zu haben. Das Mobbing findet hauptsächlich in Form von direkter sozialer Interaktion statt und ist bei 81 Prozent der Befragten, die direkt oder indirekt Erfahrung mit Mobbing am Arbeitsplatz gemacht haben, zu beobachten (Statista, 31.03.2021). Gegebenenfalls helfen diese hohen Mobbingfallzahlen gemobbten Führungskräften, ihre belastende Situation ein Stück weit zu objektivieren. Die starke Führungskraft, der das nicht passieren kann, gibt es schlichtweg nicht. Zumal die Ursachen, weshalb Teammitglieder den eigenen Vorgesetzten mobben, deutlich variieren. Mobbingopfer zu sein ist nicht gleichzusetzen mit Führungsschwäche.

Gesundheitliche Folgen von Mobbing

Opfer von Mobbing leiden oft jahrelang unter den Erniedrigungen und haben ein erhöhtes Risiko, an psychosomatischen Beschwerden oder Depressionen zu erkranken. Das kann zu höheren Fehlzeiten und verringerten Leistungen führen. Viele Opfer von Mobbing denken auch über einen Jobwechsel nach. Es ist daher wichtig, dass Unternehmen Unterstützung für Betroffene anbieten. Abgesehen von der Fürsorgepflicht des Unternehmens drängt sich dies in Zeiten des demografisch bedingten Fachkräfteverlusts, des Arbeitskräfte-, Fachkräfte- und Führungskräftemangels geradezu auf.

Wie können Unternehmen durch Mobbing gesundheitlich geschädigte Führungskräfte und Mitarbeiter unterstützen?

Klar ist: Psychische Belastungen und Erkrankungen führen zu längeren Fehlzeiten im Betrieb. Im Jahr 2021 hat sich die Anzahl der Fehltage aufgrund psychischer Erkrankungen und extremer mentaler Belastungen signifikant erhöht. Diese Fehltage waren in der Regel Langzeitkrankheiten und dauerten durchgehend 48 Tage oder länger. Dies ergab eine Antwort des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion Die Linke. Es ist deshalb davon auszugehen, dass auch die psychischen Folgen des Mobbings, Staffings und Bossings zu hohen Ausfallzeiten je Mobbingfall im Unternehmen führen.

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) für psychisch belastete oder erkrankte Führungskräfte und Mitarbeiter durch Mobbing

Die gesetzliche „Auslöseschwelle“ von 42 Tagen für ein Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) dürfte deshalb auch in nicht wenigen Fällen für erkrankte Mobbing-Opfer gelten. Ein betriebliches Eingliederungsmanagement kann jedoch nicht nur Arbeitnehmern, sondern auch Beamten und Führungskräften angeboten werden. Aufgrund des Präventionsgedankens der dem BEM zugrundeliegenden Rechtnorm, dem §167 SGB IX, muss auch die „Auslöseschwelle“ nicht abgewartet werden.

Klare Kante gegen Mobber und Täter

Es ist wichtig, dass das Unternehmen klare Konsequenzen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter festlegt, die Mobbing betreiben. Dies kann neben einem klärenden und deutlichen Mitarbeitergespräch von Abmahnungen bis hin zu Kündigungen reichen. Führungskräfte, die selbst Mobbingopfer wurden, haben hier bezüglich der Sanktionsmöglichkeiten mehr Freiraum als einfache Beschäftigte. Allerdings setzt dies voraus, dass die von Mobbing betroffenen Führungskräfte sich des Rückhalts ihrer Vorgesetzten sicher sein können. In Zeiten des Fachkräftemangels sind Unternehmen eher bereit auch Vorgänge zu akzeptieren, die nicht zu akzeptieren sind. Die deutlich rückläufigen Fallzahlen an den Arbeitsgerichten könnten ein entsprechendes Indiz sein. Mitarbeiter, die in der Vergangenheit nicht mitgetragen wurden, werden aufgrund des Fachkräftemangels in Unternehmen weiter beschäftigt. Hinzu kommt: Sanktioniert eine Führungskraft einen Mitarbeiter arbeitsrechtlich, weil dieser ihn mobbte, setzt dies voraus, dass die Führungskraft offenlegt, dass es Mobbingopfer wurde. Das scheuen jedoch viele Führungskräfte, weil sie befürchten, von ihren Vorgesetzten als führungsschwach wahrgenommen zu werden. Oder, weil die Führungskraft selbst den Konflikt scheut. Erschwerend kommt hinzu, dass ein Kennzeichen des Mobbings, des Staffings, das verdeckte Agieren ist, was eine arbeitsrechtliche Ahndung erschwert. Das Führen eines Ereignistagebuches, möglichst detailliert und damit gerichtsverwertbar dokumentiert, kann hier hilfreich sein.

 

Wir bieten als externe BEM-Beratung auch BEM-Verfahren für belastete Führungskräfte an. Externe BEM-Verfahren bieten einen hohen Vertrauensschutz:

https://die-koepfe-entscheiden-den-wettbewerb.de/externes-bem-verfahren/

 

Informationen zu unserem Executive Coaching finden Sie unter:

https://die-koepfe-entscheiden-den-wettbewerb.de/executive-coaching/

 

Fotos: © Manfred Baumert / Kassel, 2023

 

2benefit GmbH Personalberatung aus Kassel – Die Köpfe entscheiden den Wettbewerb!

 

Führungs- und Fachkräfte gewinnen – stärken – entwickeln

Starke Führungs- und Fachkräfte: Im Leben zählt stets Kann!

 

2benefit GmbH Personalberatung Kassel: Recruiting – Human Resource Development – betriebliches Eingliederungsmanagement

Beitrag teilen:

Vorheriger Beitrag
Betriebliches Eingliederungsmanagement: Arbeitssucht bei Führungskräften besonders häufig
Nächster Beitrag
Betriebliches Eingliederungsmanagement Kassel: gute BEM-Gespräche – Kompetenzen des BEM-Beraters in Gesprächsführung
Portrait: Manfred Baumert

Autor
Manfred Baumert
Personaldiagnostik
Trainer & Recruiter

Xing
LinkedIn
WhatsApp
Skype

Über den Autor

Portrait: Manfred Baumert

Manfred Baumert
Personaldiagnostik
Trainer & Recruiter

Die Köpfe entscheiden den Wettbewerb!

Knappe Ressource Mitarbeiterkompetenz: Mit eignungsdiagnostischer Personalauswahl & Recruiting sowie Trainings und Personalentwicklungsmaßnahmen unterstützt er Unternehmen schwer imitierbare Wettbewerbsvorteile zu erlangen. Immer nach dem Motto „Technik schlägt Beliebigkeit“ und stets den Benefit für seine Kunden im Fokus.

Die Köpfe entscheiden den Wettbewerb!

Führungskräfte gewinnen – stärken – entwickeln