Betriebliches Eingliederungsmanagement Kassel: Standards und Phasen eines BEM-Gesprächs

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Es ist entscheidend, die BEM-Gespräche sorgfältig durchzuführen, um sicherzustellen, dass das betriebliche Eingliederungsmanagement mit seiner betrieblichen Wiedereingliederung des erkrankten Mitarbeiters erfolgreich verläuft. Dabei sind die Berücksichtigung von Standards und die Vorgehensweise aller beteiligten Parteien in den BEM-Gesprächen relevant. Professionellen BEM-Gesprächen kommt innerhalb des BEM-Prozesses eine überragende Bedeutung zu. Doch vielfach werden selbst naheliegende Vorgehensweisen, wie eine Vorbereitung auf das BEM-Gespräch – orientiert am ganz individuellen BEM-Fall – nicht berücksichtigt. Im folgenden Blog-Beitrag soll es ganz konkret und praxisorientiert um die Standards und Vorgehensweisen bei der Durchführung eines BEM-Gesprächs gehen.

Die acht Phasen des professionellen BEM-Gesprächs

Vielfach wird das BEM-Gespräch in acht Phasen unterteilt:

  1. Vorbereitung
  2. Begrüßung
  3. Aufklärung über den Ablauf
  4. Sammeln von Informationen
  5. Finden von Lösungen und Maßnahmen
  6. Zusammenfassung des Gesprächs
  7. Abschluss und Verabschiedung
  8. Dokumentation und Gesprächsprotokoll

 

Die Vorbereitung auf das anstehende BEM-Gespräch

Die Vorbereitung auf das BEM-Gespräch ist von hoher Bedeutung, da viele BEM-Gespräche an mangelnder Vorbereitung scheitern bzw. im Ergebnis das gesamte BEM-Verfahren. Zur Situationsanalyse sind relevante Informationen bedeutsam. Folgende Fragen fördern die Gewinnung relevanter Informationen:

  • Gab es im letzten Jahr eine erstmalige Krankheitsdauer von sechs Wochen oder mehr, oder zeigen sich Anzeichen für ansteigende Erkrankungstendenzen im Vergleich zu vorherigen Zeiträumen?
  • Liegt eine aktuelle Stellungnahme des Werks- oder Betriebsarztes vor?
  • Wurde eine Gefährdungsbeurteilung, einschließlich der psychischen Arbeitsbelastung, für den Arbeitsbereich durchgeführt?
  • Gibt es Hinweise von anderen Quellen (z. B. Betriebsrat, Schwerbehindertenvertretung, Vorgesetzter), die darauf hindeuten, dass die Erkrankung des Mitarbeiters/der Mitarbeiterin mit seiner/ihrer Tätigkeit oder dem Arbeitsplatz in Verbindung steht (wie geäußerte Unzufriedenheit, Anzeichen von Überlastung usw.)?
  • Ist bekannt, ob die Erkrankung auf einen Unfall zurückzuführen ist, bei dem keine vollständige Genesung aufgrund möglicher Unfallfolgen zu erwarten ist?
  • Liegt eine Schwerbehinderung/Gleichstellung vor, und gibt es Anzeichen dafür, dass sie mit der Arbeitsunfähigkeit zusammenhängt?
  • Wie lautet die Stellenbeschreibung, einschließlich der Anforderungen und Fähigkeiten? Welche Qualifikationen und Stärken bringt der Mitarbeiter mit?

Die Begrüßung zum BEM-Gesprächs: Anspannung reduzieren

Dem Mitarbeiter ist für sein Erscheinen zu danken und dabei die Wertschätzung seiner Person sowie das Interesse an seiner Gesundheit zu bekunden. Es bietet sich auch die Gelegenheit für einen kleinen Plausch an, um die Atmosphäre zu entspannen und mögliche Anspannung zu reduzieren. Des Weiteren sollte man den Mitarbeiter über aktuelle Entwicklungen im Unternehmen informieren. Es kann nicht häufig genug betont werden, wie erfolgsentscheidend für den gesamten BEM-Prozess eine tragfähige Vertrauensbasis ist. Dies umso mehr, da es sich beim Thema Erkrankungen um sehr private und sensible Themen handelt. Dabei muss man nicht allein an Suchterkrankungen oder psychische Erkrankungen denken. Allein die Tatsache, dass man bis vor kurzem eine voll leistungsfähige Fachkraft war und nun mit teils deutlich Einschränkungen konfrontiert ist, kann das Selbstbild erheblich tangieren. Hinzu kommt die Angst um den Arbeitsplatzverlust oder den Einkommensverlust, der sich aus einer Begrenzung von Arbeitszeit oder der Arbeitsplatzveränderung ergeben kann.

Aufklärung über den Ablauf und die Ziele des BEM-Gesprächs und des betrieblichen Eingliederungsmanagements

Im Erstgespräch ist es wichtig, dem Mitarbeiter zu erklären, worum es geht, welche Ziele das BEM-Gespräch und auch das BEM-Verfahren verfolgt, den geplanten Verlauf zu erläutern und die vorgesehene Zeitdauer mitzuteilen. Gleichzeitig sollten betont werden, dass vertrauliche Informationen ohne seine ausdrückliche Zustimmung nicht weitergegeben werden.

Zusätzlich sollten die Ziele und den Ablauf des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) kurz skizziert, die Bedeutung des SGB IX sowie die Rolle des BEM-Teams und der Datenschutz erläutert werden. Es ist entscheidend, dem Mitarbeiter zu versichern, dass dieses Gespräch keine arbeitsrechtlichen Konsequenzen nach sich ziehen wird. Es sollte ihm auch die Möglichkeit geben, andere Personen, wie etwa eine „Wunschperson“ aus dem Betriebsrat und/oder eine Vertrauensperson, hinzuzuziehen.

Die Vertraulichkeit der Informationen sollte gewährleistet sein, und es sollte der Mitarbeiter nach seiner Zustimmung zum vorgeschlagenen Ablauf gefragt oder eventuelle Änderungswünsche berücksichtigt werden. Es ist wichtig, herauszufinden, ob der Mitarbeiter Fragen zum BEM hat.

Der BEM-Beauftragte bzw. (extern beauftragte) BEM-Fallmanager berücksichtigt, dass seine Ihre Art und Weise, wie er sich im BEM-Gespräch verhält, Einfluss auf die Einschätzung des Mitarbeiters hinsichtlich seiner Person, seiner Leistung oder seiner Prognose haben kann, was als „sich selbst erfüllende Prophezeiung“ bezeichnet wird.

Am Ende des Gesprächs sollte der erkrankte Mitarbeiter, häufig als BEM-Nehmer bezeichnet, die Einverständniserklärung zum BEM inklusive Datenschutzerklärung unterzeichnen. Sollte der Mitarbeiter nicht bereit sein, an BEM-Maßnahmen teilzunehmen, ist dies schriftlich festzuhalten.

Erfahrene BEM-Teams erstellen eine Zusammenfassung der wichtigsten Informationen in Form eines Merkblatts. Dadurch wird gewährleistet, dass der BEM-Nehmende konzentriert zuhören kann und keine Informationen oder Fragen übersehen werden. Es ist ratsam, dem BEM-Nehmenden ausreichend Zeit zur Verfügung zu stellen, um Notizen zu machen.

Das Sammeln von Informationen „für das BEM

Folgende Vorgehensweisen und Fragestellungen sind in Phase Vier des BEM-Gesprächs – dem Sammeln von Informationen – im Gespräch mit dem BEM-Nehmer hilfreich

Wichtig ist die Ermittlung des aktuellen Gesundheitszustands sowie potenzieller Einflussfaktoren auf die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit. „Fragen nach individuellen Anliegen, dem Zeigen von Verständnis für angesprochene persönliche Themen dienen der Einbeziehung des Mitarbeiters und der Vertrauensbildung. Dabei fördern offene Fragen und aktives Zuhören die Gesprächsdynamik. „Allgemeine Annahmen oder Werturteile sind zu vermeiden. „Der Fallmanager sollte Raum für eine persönliche Stellungnahme geben und darauf achten, dass die Gesprächsanteile gleichmäßig verteilt sind. „Hilfreiche Fragestellungen könnten sein: Wurden bereits medizinische Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt oder sind solche geplant? Wenn es mehrere Tage mit Arbeitsunfähigkeit gab: Gibt es verschiedene Ursachen für die unterschiedlichen Erkrankungen/gesundheitlichen Einschränkungen? Ist die Erkrankung/gesundheitliche Beeinträchtigung auf einen Arbeitsunfall zurückzuführen? Gibt es private Einflüsse, die zur Erkrankung/gesundheitlichen Beeinträchtigung beitragen wie etwa psychische Probleme? Welche Arbeitsbedingungen könnten eventuell die Erkrankung beeinflusst oder begünstigt haben? „ Die Anwendung der Fragetechnik des „Lenkens durch Fragen“ stärkt die Ergebnisse des BEM-Gesprächs.

Das gemeinsame Finden von BEM-Maßnahmen und Lösungen mit dem erkrankten Mitarbeiter

Es dürfte naheliegen, das nur mit dem erkrankten Mitarbeiter gemeinsam getragenen BEM-Maßnahmen eine Aussicht auf Erfolg haben. Das heißt, die im Einladungsschreiben formulierte Aussage, dass der erkrankte Mitarbeiter eigene Vorschläge einbringen kann, ist mit Leben zu füllen.

Im Prozess der Lösungsfindung und Maßnahmenentwicklung im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) sollten verschiedene Schritte und Überlegungen berücksichtigt werden:

Im Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) sollten folgende Schritte berücksichtigt werden:

Zunächst ist es wichtig, den Mitarbeiter aktiv nach seinen eigenen Ideen und Vorschlägen zu fragen. Falls gesundheitliche Probleme die eindeutig vom Arbeitsplatz herrühren, sollte gemeinsam mit dem Mitarbeiter nach Lösungen gesucht werden. Es ist ratsam, dem Mitarbeiter über den unmittelbaren Anlass hinaus Unterstützung anzubieten und Hinweise auf verfügbare Hilfsmöglichkeiten zu geben. Wenn arbeitsplatzbedingte Belastungen vorliegen, sollte dies in Absprache mit dem Mitarbeiter dokumentiert werden, wobei die Vertraulichkeit seiner persönlichen Daten gewahrt werden muss.

Neben der Diskussion über die Möglichkeit, am aktuellen Arbeitsplatz zu bleiben, sollten geeignete Angebote zur Überwindung der Arbeitsunfähigkeit und Maßnahmen zur Verhinderung erneuter Arbeitsunfähigkeit besprochen und festgelegt werden.

Es ist wichtig zu überprüfen, ob eine stufenweise Wiedereingliederung sinnvoll ist oder ob dies möglicherweise vom behandelnden Arzt empfohlen wurde.

Bei schwerbehinderten oder gleichgestellten behinderten Mitarbeitern sollten in Erwägung gezogen werden, Leistungen der begleitenden Hilfen durch das Integrationsamt, Leistungen zur Teilhabe durch die Rehabilitationsträger und die Hinzuziehung des Integrationsfachdienstes zu prüfen. In bestimmten Fällen kann es ratsam sein, professionelle Berater für Coaching, Supervision oder Mediation hinzuzuziehen, um den Prozess zu unterstützen.

In dieser Phase sollten verschiedene Fragen erörtert werden, darunter:

  • Welche persönlichen Ziele und Vorstellungen hat die betroffene Person?
  • Gibt es Bedenken, Unsicherheiten oder offene Fragen hinsichtlich der Rückkehr an den Arbeitsplatz?
  • Welche spezifischen Aufgaben bereiten besondere Sorgen oder Unsicherheit?
  • Welche Aufgaben können derzeit nicht erledigt werden?
  • Welche Maßnahmen könnten die Rückkehr an den Arbeitsplatz erleichtern?
  • Welche Unterstützung wird von der Führungsebene gewünscht?
  • Gibt es Möglichkeiten, die Erkrankung oder gesundheitliche Beeinträchtigung durch konkrete Verbesserungen der Arbeitssituation zu mildern oder zu beseitigen?
  • Welche weiteren Formen der Unterstützung könnten hilfreich sein?

BEM-Gespräch: Gesprächsinhalte werden gemeinsam mit dem Mitarbeiter zusammengefasst

Nachdem wichtige Gesprächsinhalte gemeinsam mit dem Mitarbeiter besprochen wurden, ist es entscheidend, die Maßnahmen zu konkretisieren und klare Ziele zu definieren. Entweder, indem man die S.M.A.R.T.-Kriterien anwendet oder bspw. die K.E.K.S.E.N.-Methode nutzt. Anschließend sollte der nächste Gesprächstermin vereinbart, an dem die nächsten Schritte ausführlich besprochen und zeitlich festgelegt werden. Dies stellt sicher, dass der Prozess des Betrieblichen Eingliederungsmanagements effizient voranschreitet und die notwendigen Maßnahmen umgesetzt werden.

Abschluss des BEM-Gesprächs und Verabschiedung

Neben dem Ausdruck von Dankbarkeit für das geführte Gesprächs sollte Optimismus und Ihre Zuversicht ausdrückt werden, dass die gemeinsam vereinbarten Maßnahmen dazu beitragen werden, die angestrebten Ziele erfolgreich zu erreichen. Dieser positive Ausblick schafft eine motivierende Atmosphäre und unterstreicht die Bedeutung der getroffenen Vereinbarungen. Dies ist nicht allein bei bspw. depressiv erkrankten Mitarbeitern, sondern grundsätzlich angezeigt.

Dokumentation und Protokoll des BEM-Gesprächs

Die Dokumentation und das Gesprächsprotokoll im Rahmen des Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle.

Es ist empfehlenswert, ein stichpunktartiges Gesprächsprotokoll anzufertigen, das die wesentlichen Punkte des Gesprächs festhält. Dieses Protokoll wird abschließend in die BEM-Akte aufgenommen, um die Transparenz und Nachverfolgbarkeit zu gewährleisten. Eine Kopie des Protokolls sollte dem BEM-Nehmenden ausgehändigt werden, um ihm die Möglichkeit zur Überprüfung und Bestätigung der besprochenen Inhalte zu geben. Wenn ein Gespräch oder Telefonat stattgefunden hat, sollte der Arbeitgeber einen Gesprächsvermerk in die BEM-Akte aufnehmen, um die Kommunikation und Schritte festzuhalten. Falls die betroffenen Beschäftigten das Gespräch ablehnen, sollte dies sowohl in der BEM-Akte als auch in der Personalakte dokumentiert werden, um die Ablehnung nachvollziehbar zu machen. Zusätzliche Notizen und insbesondere die Gesprächsinhalte sollten getrennt in einer speziellen BEM-Akte aufbewahrt werden, um den unbefugten Zugriff zu verhindern und die Vertraulichkeit zu wahren.

 

Die idealtypischen acht Phasen des BEM-Gesprächs wurden hier lediglich schlaglichtartig dargestellt. Für BEM-Gespräche sind erworbene Kompetenzen und Gesprächsführung und Gesprächstechniken erforderlich, um effektive und unterstützende Gespräche zwischen Arbeitgeber, Arbeitnehmer und gegebenenfalls weiteren Beteiligten zu ermöglichen. Dabei geht es um mehr als aktives Zuhören, Fragetechniken und das Zeigen von Empathie. Ausbildungen in systemischer oder nicht-direktiver Beratung sind für erfolgreiche BEM-Gespräche außerordentlich förderlich.

 

 

Informationen zum externen betrieblichen Eingliederungsmanagement der 2benefit GmbH Personalberatung Kassel finden Sie hier:

https://die-koepfe-entscheiden-den-wettbewerb.de/externes-bem-verfahren/

 

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2benefit GmbH Kassel – Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM) Kassel

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